Warum viele Selbsthilfebücher neurodivergente Menschen tiefer verletzen

– und was wirklich hilft

Von Anita Slowig

 
Wenn Ratgeber ratlos machen

 

Viele Menschen, die still leiden und sich für ihr Leid schämen und sich infolgedessen auf die Suche nach Unterstützung machen, greifen irgendwann zu Selbsthilfebüchern. Das Angebot ist unglaublich riesig. Ganz egal, um welches Thema es geht: mehr Struktur, weniger Chaos, mehr Fokus oder weniger Ängste – für jedes Problem scheint es eine Schritt-für-Schritt-Anleitung zu geben. Doch viele neurodivergente, fein wahrnehmende, sensible Menschen spüren nach der Lektüre nicht wirklich eine Erleichterung, sondern eine tiefe Erschöpfung, Frustration oder Selbstzweifel.

Warum ist das so?

 
Neurodivergenz lässt sich nicht in 10 Schritte pressen

 

Menschen mit ADHS, Autismus-Spektrum-Anteilen oder anderen neurodivergenten Ausprägungen leben oft mit einer inneren Vielschichtigkeit, die sich nicht auf simple Lösungsansätze eindampfen lässt. Viele Selbsthilfebücher richten sich aber an ein neurotypisches Publikum: Menschen mit einer linearen Wahrnehmung, mit klaren Routinen und stabilen Energiereserven.

Neurodivergente Menschen hingegen denken nicht immer linear, sondern auch zyklisch oder auch vernetzt, in Matrizen. Sie verarbeiten Reize anders, erleben Emotionen intensiver und erschöpfen deshalb schneller.

Ein Ratgeber, der vorschlägt, man solle doch „einfach mal früher schlafen gehen, morgens Yoga und Journaling machen und eine To-Do-Liste schreiben“, kann für neurodivergente Menschen wie Hohn klingen – oder sie sogar in tiefe Selbstzweifel stürzen. Weil dafür einfach keine Energie da ist.

 
Vier zentrale Probleme von Ratgeberliteratur für neurodivergente Leser*innen

 

  1. Komplexitätsreduktion
    Was bei neurotypischen Menschen als hilfreiche Vereinfachung funktioniert, verfehlt bei neurodivergenten Menschen oft die Wirklichkeit ihres Erlebens. Ihr Erleben ist vielschichtig, tief, komplex, emotional, vernetzt – keine Checkliste der Welt kann dem gerecht werden.

  2. Fokus auf Optimierung statt Annahme
    „Wie werde ich endlich besser, erfolgreicher, effizienter? Wie funktioniere ich endlich richtig?“ – diese Fragen werden implizit bedient, statt zu fragen: „Was brauche ich wirklich? Wie darf ich SEIN, statt mehr zu werden?“

  3. Ignorieren von energetischen Schwankungen
    Viele neurodivergente Menschen leben mit ständig wechselnder Energie, mit inneren Wellen. Ratgeber, die Stabilität zur Norm machen, verstärken das Gefühl, falsch zu sein. Das eigene Sein wird pathologisiert.

  4. Kaum Raum für Selbstmitgefühl
    Die tiefe Praxis der Annahme, der liebevollen Selbstzuwendung, kommt in vielen Selbsthilfebüchern kaum vor. Dabei ist sie gerade für neurodivergente Menschen essentiell. Und Selbstmitgefühl ist kein intellektuelles Konzept, sondern wie der Name es sagt: eine Praxis des bewussten Fühlens.

 
Was stattdessen hilft

 

  • Individuelle Begleitung, die nicht normiert, sondern mitfühlend bezeugt.

  • Impulse, die nicht belehren, sondern erinnern.

  • Räume, in denen Menschen sich nicht erklären oder optimieren müssen, sondern einfach SEIN dürfen.

  • Formate, die die Verbindung von Körper, Geist und Herz einladen.

 
Mein eigener Weg

 

Auch ich habe viele dieser Ratgeber gelesen (verschlungen). Mein Geist ist wie ein Schwamm. Neugierig und bestrebt, immer alles durchblicken und verstehen zu wollen. Nach kurzer Euphorie, kam oft hinterher das laue Gefühl: So 100 % passt es nicht. Du bist zu viel. Oder zu wenig? Du bist falsch. Auf jeden Fall: nicht normal.

Heute weiß ich: Ich bin nicht falsch. Ich bin vielschichtig. Ich denke, fühle, verarbeite anders. Und ich darf lernen, mich in dieser Tiefe zu lieben.

Deshalb gestalte ich meine HerzRäume anders: Nicht als Anleitung zur Selbstverbesserung, sondern als Einladung zur Selbstverbindung.

 
Herzimpuls zum Schluss

 

Wenn du dich auch schon einmal durch Selbsthilfebücher kleiner gemacht hast, als du bist: Du bist nicht allein.

Vielleicht brauchst du keinen weiteren heißen Tipps. Sondern eine tiefe Erinnerung: Du bist ganz. Du bist willkommen. Du bist nicht falsch.

 
Möchtest du dich mit Gleichgesinnten austauschen?

 

Dann lade ich dich herzlich in meine Community „Die Stillen Suchenden“ ein. Oder in einen meiner HerzRäume. Lass uns gemeinsam neue Wege gehen – mit Klarheit, Mitgefühl und feiner Wahrhaftigkeit.

Herzensgrüße,
deine Anita

 

 

 

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