Wenn die Hormone schwanken – und du plötzlich mehr du selbst wirst

Ein Mutmach-Text für feinfühlige, neurodivergente Frauen in der Perimenopause

von Anita Slowig

 

Etwas in dir verändert sich. Nicht nur dein Körper. Sondern auch dein Blick auf die Welt. Deine Gedanken. Deine Emotionen.
Und vielleicht fragst du dich manchmal:
Bin ich plötzlich „zu sensibel“ geworden? „Zu chaotisch“, „zu unruhig“, „zu erschöpft“?

Ich glaube: Du bist nicht zu viel – du wirst sichtbar.

 

Wenn Neurodivergenz sich nicht neu zeigt – sondern endlich Raum bekommt

 

Viele Frauen spüren rund um die Lebensmitte, dass sich etwas grundlegend wandelt. Doch oft sind es nicht neue Symptome, sondern eine alte Wahrheit, die sich entfaltet:

In Phasen hormoneller Umstellung (wie der Perimenopause) treten oft erstmals deutlich spürbar Züge neurodivergenter Veranlagung zutage – weil das System, das sich jahrzehntelang angepasst hat, nicht mehr „kompensieren“ kann.

Was bisher im Hintergrund lief – das ständige Funktionieren trotz innerem Lärm, das Maskieren, das stille Leiden – bricht sich nun Bahn.
Die Filter werden durchlässiger. Die Reize greller. Die Emotionen intensiver. Die Konzentration schwerer.
Und manchmal denkst du vielleicht: „Ich verliere die Kontrolle.“

Doch was, wenn du nicht etwas verlierst, sondern etwas zurückgewinnst?
Dich selbst. Deinen ureigenen Rhythmus. Dein echtes Innenleben.

Was sich zeigt, ist nicht dein Zerfall – sondern dein echtes Selbst, das nicht mehr übergangen werden will.

 

Was sich hormonell verändert – und warum dein Körper jetzt Stabilität braucht

 

Die Veränderungen in der Perimenopause sind nicht nur seelischer Natur – auch dein Gehirn und Nervensystem sind tief betroffen.
Östrogen wirkt direkt auf die Dopamin- und Serotoninaktivität.
Wenn die Hormonspiegel schwanken oder absinken, kann das zu mehr Reizoffenheit, Konzentrationsproblemen, Erschöpfung und emotionaler Instabilität führen – Symptome, die bei neurodivergenten Menschen ohnehin schon vorhanden sind und sich nun deutlich verstärken können.

Auch Ernährung spielt in dieser Zeit eine wichtige Rolle:
Studien zeigen, dass ketogene Diäten oder intermittierendes Fasten den Blutzucker destabilisieren, den Cortisolspiegel erhöhen und den Serotoninspiegel senken – besonders ungünstig bei ADHS, sensibler Reizverarbeitung und hormonellen Schwankungen.

Stattdessen kann eine regelmäßige, warme und nährende Ernährung dein System stabilisieren.
Aus ayurvedischer Sicht hilft genau das, um das Vata-Dosha in Balance zu bringen – also jenes Prinzip, das für Nervensystem, Bewegung und mentale Aktivität zuständig ist und in der Perimenopause besonders aus dem Gleichgewicht geraten kann.

Eine Ernährung mit 3 bis 5 Mahlzeiten täglich, reich an komplexen Kohlenhydraten wie Hirse, Hafer, Reis oder Süßkartoffeln, stabilisiert deinen Blutzuckerspiegel, unterstützt die Dopaminversorgung und beruhigt dein ganzes System.

Du darfst dich satt und versorgt fühlen.
Du brauchst keine Optimierung – du brauchst Nähe, Wärme, Erdung und Rhythmen, die dich stärken.

 

Du bist nicht falsch. Du bist nur nicht mehr angepasst.

 

Viele Frauen erleben gerade in dieser Phase eine tiefere Wahrheit:
Dass sie ihr Leben lang hart gearbeitet haben, um dazuzugehören. Sich angestrengt, um zu gefallen. Um ihre Impulse zu kontrollieren. Ihre „wilden“ Gedanken zu ordnen. Ihre Gefühle zu zähmen. Ihre inneren Rhythmen zu übergehen, weil sie im Außen nicht vorgesehen waren.

Und jetzt – wo der Körper nicht mehr mitmacht – beginnt ein innerer Aufbruch.
Weg vom „Funktionieren“. Hin zu einer echten Selbstverbindung.
Zu einem Ja zur eigenen Vielschichtigkeit.

 

Du bist nicht zu viel. Du warst nur zu lange allein mit deinem So-Sein.

 

Wenn du dich in dieser Zeit neu entdeckst, dann bist du nicht auf dem Weg, „verrückt“ zu werden.
Du bist auf dem Weg, wahrhaft zu werden.

Vielleicht ist es Zeit, dein Leben neu zu entwerfen.
Nach deinem Rhythmus. Mit mehr Stille. Mit weniger Vergleichen. Mit liebevollen Grenzen.
Mit warmen Mahlzeiten. Mit nährendem Schlaf. Mit Menschen, die dich sehen, statt dich therapieren zu wollen.
Mit gelebter Sanftheit – und ungeahnter Kraft.

Du bist kein Projekt.
Du bist ein Mensch mit Tiefe.
Und du darfst dir selbst in dieser Tiefe begegnen – gerade jetzt.

 

Herzlichst,

deine Anita

 

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