Wechseljahre & Neurodivergenz

Wenn Loslassen zur Selbstfürsorge wird

Von Anita Slowig

 

Die Wechseljahre sind für viele Frauen eine Zeit tiefgreifender Veränderungen – körperlich, emotional und geistig. Doch für neurodivergente Frauen – also Frauen mit ADHS, Autismus-Spektrum-Anteilen oder anderen Besonderheiten im Wahrnehmen und Verarbeiten – ist diese Lebensphase oft noch einmal eine ganz eigene Reise.

Ich erlebe sie wie ein natürliches, aber sehr ehrliches Licht, das auf alles fällt, was in meinem Leben ist.
Plötzlich sehe ich klarer: was zu mir passt, was mich nährt – und was nicht mehr stimmig ist.

 

Die Wechseljahre als körperlicher und neurologischer Übergang

 

Medizinisch gesehen verändern sich in den Wechseljahren die Spiegel der Geschlechtshormone Östrogen und Progesteron – sie sinken. Beide wirken nicht nur auf den Zyklus, sondern auch auf Gehirn und Nervensystem.

  • Östrogen unterstützt Gedächtnis, Aufmerksamkeit, Stimmung und sogar die Schmerzempfindlichkeit. Sinkt es, reagieren viele empfindlicher auf Stress und Reize.
  • Progesteron hat eine beruhigende, ausgleichende Wirkung. Wenn es weniger wird, kann der Körper schlechter regenerieren, und der Schlaf leidet.

Für neurodivergente Frauen, deren Nervensystem ohnehin feiner auf Reize reagiert, kann das bedeuten:

  • mehr emotionale Schwankungen
  • weniger Stresspuffer

eine stärkere Wahrnehmung von innerem und äußerem Chaos.

 

Neurodivergenz im Spiegel der Wechseljahre

 

Neurodivergente Frauen haben oft besondere Stärken: Kreativität, Empathie, ein feines Gespür für Stimmungen, Detailreichtum.
Doch genau diese Eigenschaften können sich in einer hormonell sensiblen Zeit auch herausfordernd anfühlen:

  • Reizoffenheit: Geräusche, Licht, Gerüche oder soziale Reize können intensiver wirken.
  • Strukturbedürfnis: Wenn im Außen zu viel Unordnung herrscht, kann das innere Nervensystem unruhiger werden.
  • Hyperfokus & Erschöpfung: Wir können uns in Dingen verlieren – und vergessen, rechtzeitig Pausen zu machen.

Ich habe festgestellt: In den Wechseljahren werden diese Muster nicht „neu“ – sie treten einfach klarer und unverfälschter hervor.

 

Ordnung im Außen – Klarheit im Innen

 

Vielleicht kennst du das: Wenn du deine Umgebung sortierst, aufräumst oder Ballast abgibst, fühlst du dich innerlich leichter.
Das ist kein Zufall.

Neurowissenschaftlich gesehen hilft eine aufgeräumte Umgebung dem Gehirn, Reize besser zu filtern. Für ein ohnehin reizoffenes Nervensystem ist das wie ein sanfter Reset.

Spirituell betrachtet ist Aufräumen eine Form von Loslassen – eine bewusste Entscheidung, Energie nur noch in das zu investieren, was dich nährt.
Für mich ist es zu einer Herzpraxis geworden: Jeder Gegenstand, der bleibt, erinnert mich daran, wer ich heute bin – nicht, wer ich einmal war.

 

Die Wechseljahre als „Heiliges Loslassen“

 

Viele Kulturen sehen diese Lebensphase nicht als Verlust, sondern als Übergang in eine neue Form von Weisheit.
Es ist die Zeit, in der wir – frei von den Aufgaben und Rollen der ersten Lebenshälfte – bewusster wählen können:

  • Welche Menschen tun mir gut?
  • Welche Routinen tragen mich?
  • Welche Aufgaben kann ich jetzt loslassen?

Für neurodivergente Frauen bedeutet das oft auch, den eigenen Rhythmus zu ehren – statt weiter an äußeren Normen zu messen.

 

Praktische Impulse für diese Lebensphase

 

  • Sanfte Morgenrituale: Matcha oder Kräutertee, Atemübungen, ein Moment Stille
  • Körperweisheit stärken: Bewegung nach Lust und Energie – z. B. sanftes Laufen, Yoga, Dehnen
  • Reizhaushalt bewusst regulieren: Lärmpausen, Offline-Zeiten, Naturkontakt
  • Ballast abgeben: Schublade für Schublade, Bereich für Bereich – nicht im Perfektionsmodus, sondern als Selbstfürsorge
  • Kreative Selbstverbindung: Journaling, Malen, Musik, Kochen als Achtsamkeitspraxis

 

Meine Einladung an dich

 

Wenn du dich gerade im Übergang befindest – körperlich, seelisch oder beides – dann sieh diese Zeit nicht als etwas, das du „überstehen“ musst.
Sie ist eine Einladung, dich neu zu wählen.

Ich glaube fest daran:
Die Wechseljahre können für neurodivergente Frauen eine Zeit von ungeahnter Klarheit und Schönheit sein – wenn wir den Mut haben, loszulassen, was uns nicht mehr dient, und Raum zu schaffen für das, was uns wirklich lebendig macht.

Mehr zu meinen Gedanken findest du auch in meiner aktuellen Podcastfolge „Wechseljahre & Neurodivergenz – Aufräumen, Loslassen, Klarheit finden“:

 

 

Herzensgrüße,
deine Anita

 

 

 

 

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