Mein/e Liebe/r,

wie bereits vor einigen Tagen in meinem Insta-Post geschrieben, hatte ich kürzlich einen sehr schönen Gedankenaustausch mit zwei lieben Freundinnen, zwei Yoga-Schwestern sozusagen.

Wir sprachen über Gewohnheiten. Über die Guten, aber insbesondere über die Schlechten; über das Ändern von Gewohnheiten und was uns dabei im Weg stehen kann.

Also: welche geistigen Hindernisse uns auf unserem Weg begegnen können.

In diesem Zusammenhang teilte ich meine Erkenntnis, nämlich: dass sich diese geistigen Hindernisse oder Widerstände, die sich „im echten Leben“, auch in der Mediationspraxis zeigen. Und das ist so gesehen ein Geschenk, denn damit schafft Meditation den Raum, in dem wir uns diese Widerstände liebevoll anschauen, fühlen, benennen und transformieren können.

Und über welche Hindernisse reden wir da konkret? Was genau kann sich da auf dem Mediationskissen zeigen?

Da wäre z.B. die innere Unruhe, die uns nicht stillsitzen lässt. Irgendetwas brodelt in uns; in unserem Geist. Es kann auch sein, dass sich unser Körper über das Nervensystem bemerkbar macht.

Es kann auch sein, dass es irgendwo anfängt zu kitzeln, zu jucken oder irgendetwas drückt oder schmerzt. Und sogleich macht sich Widerwille breit. Wir fühlen eine Abneigung ggü dem, was sich da im Moment der Meditation zeigt und finden es doof. Weil wir eine bestimmte Vorstellung davon haben, wie die Meditation aussehen soll.  Und diese Aversion zieht auch ein Bewerten hinterher, ein Urteilen und manchmal sogar Selbsthass.

Darüber hinaus können sich während der Meditation auch Ungeduld oder Langeweile zeigen, wenn unser Geist an der Vorstellung festhängt, wie die Mediation aussehen soll.  Oder auch Zweifel, ob das überhaupt die richtige Mediationsmethode ist oder das richtige Sitzkissen oder die korrekte Haltung, weil wir das Gefühl haben, nicht so richtig reinzukommen in die Meditation.

All das ist völlig normal und Teil des Prozesses. Und eine Einladung an uns (noch) liebevoller und geduldiger zu sein

Außerdem können sich auch Trägheit oder Schläfrigkeit zeigen oder ein dringliches Verlangen, jetzt spontan doch etwas anderes zu tun. Mal eben kurz die Nachrichten zu checken (man könnte ja etwas verpassen, Stichwort: FOMO) oder das Begehren, jetzt etwas zu naschen oder zu essen oder zumindest die nächste Mahlzeit zu planen.

Wie gesagt: alles völlig normal und menschlich, da dies alles Gewohnheiten unseres Geistes sind, die uns (aus den unterschiedlichsten Gründen) davon abbringen wollen, zur Ruhe zu kommen und uns zu zentrieren.

Diese Hindernisse sind wie das Wetter. Zweifel ist wie das Aprilwetter: mal Regen, mal Sonne, mal Schnee. Trägheit und Schläfrigkeit sind wie der Nebel. Verlangen und Begierde sind wie ein wunderbarer Sommertag, der nie vergehen soll. Ablehnung, Aversion, Hass sind wie der Gewittersturm und Unruhe wie der Wind.

Die Kunst in der Meditation besteht nun darin unsere Aufmerksamkeit dahingehend zu schulen um erkennen zu können, dass wir der Himmel sind – und nicht die Wetter Phänomene. Das wir der Baum sind – und für Wind und Wetter nicht verantwortlich sind, aber wohl dafür, wie wir darauf reagieren.

All diese Gewohnheiten zeigen sich, wie schon geschrieben, nicht nur in der Meditation, sondern eben auch in unserem Leben. Infolgedessen sind die Widerstände, die sich am stärksten in der Meditation zeigen, sind häufig auch die höchsten Hürden oder Hindernisse unseres Lebens.

Wenn wir viel mit Bewertung, Vergleichen, Aversion, Wut und Hass in der Meditation begegnen, dann kämpfen wir auch sonst im Leben viel damit.

Und wenn ich die Widersacher und Dämonen nicht in mir erkenne, dann verlagere ich sie ständig ins Außen , projiziere sie ständig auf meinen Mitmenschen und verkompliziere so Beziehung zu anderen.

Anderes Beispiel: wenn uns ständig die innere Unruhe in der Meditation plagt, dann haben wir häufig Probleme uns auf eine Sache zu konzentrieren oder uns für eine bestimmte Sache zu entscheiden – und wenn wir uns einmal entscheiden haben, dann haben wir Mühen diese eine Sache zu Ende zu bringen. Uns fehlt die Willenskraft, das Kommittent dranzubleiben.

Wie bei den jeweiligen Wetter-Phänomenen auch so lassen sich die einzelnen Gewohnheiten, bzw. Hindernisse sich nicht klar voneinander trennen. Sie vermischen sich untereinander. So liegen innere Unruhe, Zweifelsucht, Angst und Ablehnung oder auch Festhalten nah beieinander.

Unterm Strich gehen alle Hindernisse auf Habenwollen/Gier & Ablehnung/Aversion zurück. Diese beiden gegensätzlichen Haltungen erzeugen eine Grundanspannung in uns. Und je mehr, sprich extremer wir uns zwischen diesen beiden Polen bewegen, desto höher ist unsere innere Anspannung oder auch unsere innere Zerrissenheit.

Wie gesagt: an dieser Stelle schenkt uns die Meditation ein wunderbares Übungsfeld. Hier drin lernen wir uns selbst kennen. Wir erforschen unseren Geist.

In dem wir lernen uns in Stille zu beobachten, trainieren wir eine liebevolle Aufmerksamkeit und klären und schulen Geist und Herz.

Denn (wichtig!) im Kern geht es nicht um das Eliminieren der unliebsamen Dämonen, dem Gewohnheiten und Widersacher, sondern darum, ihr Potential zu erkennen und sie zu neuer Kraft zu wandeln.

Es geht darum, sie mithilfe der aus den Tiefen unseres Herzens kommenden Aufmerksamkeit – liebevoll zu beobachten. Wir machen unsere Dämonen quasi zu unserem Mediationsobjekt, um sie genauer zu untersuchen. Sie zu fühlen, zu benennen und zu akzeptieren. So integrieren und transformieren wir gleichzeitig die sich zeigenden Widerstände zu einer neuen Kraft.

So kann uns z.B. die innere Unruhe z.B. den notwenigen Antrieb schenken, den wir brauchen, um unser wahres Sein zu erforschen. Oder sie eröffnet den Weg zu neuer Kreativität.

Trägheit hingegen zeigt uns, wo wir nicht hinschauen wollen, was wir noch deckeln oder wo wir uns ausgeliefert fühlen, erstarren und resignieren.

Die Gier, Das ständige etwas-Neues-Habenwollen (was uns letzlich niemals erfüllen kann, da ein Fass ohne Boden) will uns den Weg weisen, uns auf das Wesentliche zu konzentrieren und unser Leben zu vereinfachen. Weniger ist mehr.

Der Widerwille, die Ablehnung und Aversion wollen uns helfen, mehr in die Akzeptanz und auch in das Mitgefühl zu kommen. Und weitergedacht: Der Selbsthass lädt uns ein ins Selbst-Mitgefühl zu kommen.

Hier wird schon erkennbar, dass es in der Meditation nicht primär darum geht, ruhiger zu werden. Ruhe und Klarheit sind vielmehr die Folge dessen, dass wir uns selbst erforschen. Somit geht es in der Meditation in erster Linie also darum, uns zu ergründen.

In dem wir uns den Widerständen stellen und nach deren Quelle graben, verwandeln wir sie mithilfe ihrer Quelle oder vielmehr ihrer Essenz – zum Besseren. So entsteht auf Dauer Ruhe, Kraft und Klarheit, innerer Frieden.

Außerdem ist es mir wichtig aufzuklären, was Meditation heißt und was in der Meditation passiert. Und umgekehrt, was Meditation nicht ist: Nämlich, spazieren gehen, Fahrradfahren, Musikhören, Wandern, Waldbaden, Tanzen, schwimmen, Kochen…

Auf diese Aktivitäten können wir uns konzentrieren, bis wir uns in ihnen verlieren. Eins werden mit der Aktivität und in den sog. Flow-Zustand kommen.

Meditation ist das Gegenteil. Meditation kommt von Medi: die Mitte. Und in der Meditation lenken wir unsere sonst nach Außen gerichtete Aufmerksamkeit nach Innen. Wir ziehen unsere Sinne bewusst zurück und trainieren die Innenschau. Dabei verzichten wir bewusst auf Sinnesnahrung, weshalb wir die Augen schließen und in die Stille gehen, um unser Innerstes besser wahrnehmen zu können. Unseren Inneren Raum wahrzunehmen. Und in diesem Raum zeigt sich dann allerhand. Die heute besprochenen Widerstände, Widersacher oder Dämonen.

Stell Dir einfach vor die Meditation ist so eine Art Cafe, wo Du diese Dämonen auf ein Teechen oder Käffchen triffst. Sie offenen Herzens willkommen heißt, sie wahrnimmst (denn genau das wollen sie ja eigentlich: von Dir wahrgenommen werden). Du trinkst also ein Käffchen mit Deinem Kumpel Unruhe und seinem Kollegen Zweifel, oder mit Tante Trägheit oder Onkel Ungeduld. Vielleicht hilft Dir diese Bild und nimmt Dir die Furcht und das Unbehagen, Dich Deiner inneren Welt zu stellen.

Wie siehst Du das? Wem bist Du in Deiner inneren Welt schon begegnet und was hat sich nach Eurer Begegnung verändert?

Meditierst Du? Wenn ja, wie viel? Wenn nein, warum nicht?

Ich bin gespannt auf Deine Erfahrungen. Teile sie mit mir hier in den Kommentaren oder schreibe mir eine email.

Pass gut auf Dich und Dein Herzchen auf und komm behütet durch den Tag.

P.S.: Gern lese ich Dir den Artikel vor. Lehne Dich zurück und genieße. Von Herzen ganz viel Freude beim Lauschen.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Name *