Mein/e Liebe/r,
fast täglich begegnen mir in meinen Beratungen und Seminaren Fragen zum Thema Ayurveda, aber auch jede Menge Klischees und Mythen.
#1 Im Ayurveda muss man immer warm essen & Ayurvedische Ernährung ist vegetarisch / vegan
Je nach Konstitution, bzw. Störung ist das eher kontraproduktiv. So werden in bestimmten Fällen eine kühlende Kost, bzw. vermehrt Rohkost und Säfte empfohlen, um ein erhöhtes Pitta / zuviel Hitze auszugleichen.
In den alten Schriften der Lehre werden eine Vielzahl von Fleischsorten beschrieben, die aufgrund ihrer unterschiedlichen Eigenschaften entsprechende Wirkungen auf den Körper haben sollen. Demnach wird im Anwendungsfall, z.B. bei körperlicher Auszehrung, u.a. der Konsum von bestimmten Fleischsorten empfohlen.
#2 Man muss den ganzen Tag warmes Wasser trinken und dieses am besten 10 Minuten abkochen
Diese Empfehlung kommt aus einer Zeit, bzw. einem Kulturkreis, wo die Wasserqualität nicht unseren heutigen westlichen Standards entspricht.
So wurde das Wasser ausreichend lange abgekocht, um evtl. Keime abzutöten. Ich empfehle meinen KlientInnen, das Wasser im Wasserkocher zu kochen.
#3 Außerdem muss man das Wasser lange abkochen, damit es „dünnflüssiger wird. So kann es besser in dünne Zwischenräume eindringen“
Wasser verändert seine molekulare Struktur beim Kochvorgang nicht. H2O bleibt H2O – auch wenn man es erhitzt, bzw. zum Sieden bringt. Es verändert lediglich seinen Aggregatzustand in Abhängigkeit von der Temperatur. Der Siedepunkt von Wasser liegt bei etwa 100°C und wird dann gasförmig, unter 100°C wieder flüssig. (Unter ca. 0°C fest / über 0°C wieder flüssig).
Bei Erhitzung wird Wasser im kaum messbaren Bereich dünnflüssiger; nach Abkühlung finden die Wassermoleküle wieder in die ursprüngliche Form zurück (geschmolzene Schokolade wird bei Raumtemperatur auch wieder fest und nicht dünnflüssiger).
Die Aussage, Wasser würde dünnflüssiger werden, weil der Kalk verdampfen würde, ist nicht korrekt. Calcit (Kalk) verdampft beim Kochen nicht, sondern legt sich, wie man gut beobachten kann, auf dem Topfboden / dem Boden des Wasserkochers ab.
#4 Ayurveda ist Alternativmedizin und eine anerkannte Heilmethode
In Indien ist der Ayurveda mit der konventionellen, akademischen Medizin gleichgestellt. Obwohl er zusammen mit dem TCM zu den ältesten Heiltraditionen der Menschheit gehört und als solche von der WHO angesehen ist, ist der Ayurveda in Deutschland bislang NICHT als wirksame Heilmethode / Therapie anerkannt.
Im Falle von akuten oder schwerwiegenden Erkrankungen gibt es keine Alternative zur akademischen Medizin, insbesondere bei Krebs. Ayurveda ist ein naturheilkundliches System, deren Fokus, bzw. Stärke in der Prävention und Gesundheitspflege sowie der Behandlung von chronischen Erkrankungen mit Schwerpunkt auf Lebenstilmodifikationen liegt. Hier konnten in der klinischen Medizin mit dem Ayurveda als komplementäre Methode gute Erfahrungen verzeichnet werden ( Studien Ayurveda-Ambulanz Berlin).
#5 Ayurveda ist eine Wissenschaft
Nicht im westlichen Sinne, denn die Grundlage des Ayurveda ist, wie beim Yoga philosophischer Natur. Bislang gibt es nur wenige wissenschaftliche Studien mit methodisch akzeptablen Standards, die eine Wirksamkeit der Heiltradition bestätigen.
Aber: glücklicherweise wird in der Richtung weitergeforscht, z.B. am Immanuel Krankenhaus in Berlin, als Teil der Charité Hochschulambulanz für Naturheilkunde und Integrative Medizin, so dass zukünftig weitere optimistisch-stimmende Forschungsergebnisse zu erwarten sind.
#6 Ayurveda ist Esoterik
Ayurveda ist keine Geheimlehre, die nur durch speziell instruierte LehrerInnen / PraktikerInnen weitergegeben wird oder werden darf. Ganz im Gegenteil. Aufgrund seiner philosophischen Grundlage ist der Ayurveda ein Denksystem, welches sich über die Jahrhunderte durch immer neue Erfahrungswerte stetig weiterentwickelte.
Insofern ist es eher exoterische, d.h. nach außen hin offene Heiltradition, die seit einigen Jahren klinisch erforscht wird und bestrebt ist, altes Wissen mit moderner Wissenschaft zu kombinieren.
#7 Ayurveda ist Wellness
Neben den bekannten, wohltuenden Ayurveda-Massagen und (nicht immer so wohltuenden) Ayurveda–Kuren bietet der Ayurveda ein beachtliches Behandlungskonzept an.
Das therapeutische System umfasst im Einzelnen: Typengerechte Ernährung, Gesundheitsfördernde Selbstfürsorge-Routinen, Ordnungstherapie, Meditation, Yoga-Asanas, Atemübungen, Achtsame / Ethische Lebensführung, Farb-, Aroma-, Klangtherapie, Pflanzenheilkunde, Massagen, Öl-Anwendungen, Schwitzkuren, Bäder, Reinigungs- und Ausleitungsverfahren im Rahmen von Ayurvedakuren (Therapeutisches Erbrechen, Nasenspülungen, Abführen, Einläufe, Aderlass, Blutreinigung), Verjüngungskuren.
Die individuellen Therapiekonzepte werden durch erfahrene Ayurveda-Ärzte erstellt; die Behandlungen durch speziell geschulte und erfahrene Therapeuten ausgeführt.
Von einer Eigenmedikation mit pflanzlichem Heilmittel wird abgeraten, da es zu unerwarteten Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten kommen kann. Darüber hinaus ist Vorsicht geboten bei aus dem Ausland importierten Kräuterheilmitteln, da diese nicht geprüft und u.U. mit Schwermetallen belastet sein können.
#8 Ayurveda ist dogmatisch
Das Gegenteil ist der Fall: der Ayurveda „verbietet“ nichts (z.B. Kaffee oder Alkohol); er setzt vielmehr auf Achtsamkeit und Eigenverantwortung. Daher ist es eher eine Frage der Dosis, bzw. der eigenen Konstitution, der Selbst-Reflektiertheit und -Wirksamkeit. Die Heilkunst möchte stets an die eigene Körperintelligenz und Selbstheilungskraft erinnern.
Zudem steht im Zentrum der Heiltradition Ayurveda sein individueller Ansatz: im Krankheitsfall werden Mensch und Störung zu gleichen Teilen betrachtet (50% Rogi= Patient; 50% Roga=Erkrankung, Störung).
Ziel ist es, eine auf den Patienten / Klienten zugeschnittene Therapie sowie Ernährungs- und Lebenstilmodifikation zu finden.
#9 Ayurveda ist zeitaufwendig
Dem entgegengesetzt werden kann die Zeit, die ein Mensch verwendet hat, um schadhafte und krankmachende Gewohnheiten zu entwickeln und zu erhalten.
Jeder Mensch entscheidet selbst, wie viel Zeit er in seine Gesundheit investieren möchte. Somit ist es eher eine Frage der Selbstliebe und Eigenverantwortung.
Der: auch Selbstfürsorge sollte keinen zwanghaften Charakter entwickeln. Wie im Buddhismus so wird auch im Ayurveda der vielfach zitierte Weg der Mitte angestrebt.
Will heißen: NICHT „Viel hilft viel“, sondern „Weniger – und vor allem bewusster praktiziert – ist mehr“!
Gibt es etwas, was du noch nicht wusstest, bzw. gibt es etwas, was noch unbeantwortet für dich ist?
Solltest du Fragen oder Anregungen haben, schreibe mit gern unter info@herzverbunden-sein.de.
Hab einen schönen und leichten Tag und pass gut auf dich und dein Herz auf.
Deine Anita 🙏🏻❤️